§ 78 (1) Die Verwaltungsgerichte, im dritten Rechtszug das Bundesverwaltungsgericht, entscheiden neben den Fällen der §§ 9, 27 und 46 über: 1. Wahlberechtigung und Wählbarkeit, 2. Wahl und Amtszeit der Personalvertretungen und der in § 72 genannten Vertretungen, 3. Zuständigkeit, Geschäftsführung und Rechtsstellung der Personalvertretungen und der in § 72 genannten Vertretungen, 4. Bestehen oder Nichtbestehen von Dienstvereinbarungen, 5. Verstöße gegen das Wahlrecht, die Wahlart oder das Wahlverfahren regelnde Vorschriften, 6. den Ausschluss eines Mitglieds aus dem Personalrat oder die Auflösung der Gruppenvertretung oder des Personalrates. (2) Die Vorschriften des Arbeitsgerichtsgesetzes über das Beschlussverfahren gelten entsprechend, § 89 Abs. 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes mit der Maßgabe, dass sich die Dienststellen durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Dienststellen oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen können. |
Vergleichbare Vorschriften: § 83 BPersVG Erläuterung: Absatz 1 1 In § 78 wird die generelle Zuständigkeit der Verwaltungsgerichtsbarkeit bei Streitigkeiten aus dem PersVG LSA bestimmt. Damit unterscheidet sich die Rechtswegzuständigkeit von der des BetrVG. Für Streitigkeiten aus dem BetrVG sind die Arbeitsgerichte zuständig, § 2a ArbGG. Dennoch ist als Verfahrenrecht das ArbGG und dort die Regeln über das Beschlussverfahren anzuwenden, und nicht die Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), s. Rn 12f. 2 (Nr. 1) Die Verwaltungsgerichte entscheiden gem. Nr. 1 bei Streitigkeiten über die Wahlberechtigung (§ 13) und die Wählbarkeit (§ 14). Zu den Streitfragen siehe §§ 13, 14. 3 (Nr. 2) Zur Wahl gehört die Wahlanfechtung. Die ist als spezielle Zuständigkeit bereits in § 27 geregelt, auf den der Eingangssatz des § 78 Abs. 1 verweist. Nicht in § 27 ist die Feststellung der Nichtigkeit einer Wahl geregelt. Nr. 2 stellt klar, dass auch dieser Fall von den Verwaltungsgerichten entschieden wird. Sollte es Streit über die Amtszeit der Personalvertretungen (Personalrat, Gesamt-, Bezirks- und Hauptpersonalrat) oder der Jugend- und Auszubildendenvertretungen (JAV und Gesamt-JAV, § 72) geben, sind ebenfalls die Verwaltungsgerichte zuständig. Unklarheiten kann es insbesondere bei (teilweisen) Dienststellenauflösungen geben. So hat z.B. das VG Magdeburg (vom 13.1.2006 - 11 A 1/06) entschieden, dass anlässlich der Bildung der Universitätskliniken als Anstalten des öffentlichen Rechts der aufgrund der Verselbständigung des früheren „medizinischen Fachbereich“, bestehend aus Klinikum und Medizinischem Fachbereich, gebildete Gesamtpersonalrat der Universität Magdeburg weiter fortbesteht, obwohl das Kultusministerium vertreten hat, dass er mit der Verselbständigung des Klinikums als Anstalt untergegangen ist. 4 (Nr. 3) In der Mehrzahl der personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren ist die Nr. 3 einschlägig. Hier geht es um die Zuständigkeit der Personalvertretungen. Oftmals wird von der Dienststellenleitung ein Mitbestimmungs- oder Beteiligungsverfahren nicht eingeleitet. Hier kann der Personalrat gem. Nr. 3 vor dem Verwaltungsgericht die Feststellung beantragen, dass sein Mitbestimmungsrecht verletzt ist. Hierzu zählt auch das Recht der Personalvertretung, von der Dienststellenleitung die abredegemäße Durchführung einer mit dieser geschlossenen Dienstvereinbarung verlangen zu können (BVerwG, Beschluss vom 27. Juni 2019 – 5 P 2/18 –, juris, siehe auch folgenden Beitrag auf dieser Seite). Damit vertritt das BVerwG eine andere Auffassung als das OVG Magdeburg (Beschluss vom 03.05.2016 - 5 L 3.14), das dem Personalrat dieses Recht nur gewähren will, wenn die Dienstvereinbarung selbst z.B. Befugnisse der Personalvertretung regele, die streitig geworden sind. Dieses Recht tritt neben Nr. 4, in der es um das Bestehen oder Nichtbestehen einer Dienstvereinbarung geht. 5 Die Geschäftsführung des Personalrats kann eigentlich nur durch andere Personalratsmitglieder zum Gegenstand eines Beschlussverfahrens gemacht werden. Es besteht die Möglichkeit, dass der Vorstand des Personalrats Entscheidungen trifft, die seine Zuständigkeit überschreiten (siehe § 31). Zur Rechtsstellung des Personalrats gehören auch Fragen der Freistellung von Personalratsmitgliedern (§ 44), zur Kostenübernahme, Stellung von Büroräumen und Büropersonal (§ 42). 6 (Nr. 4) Ein Streit über das Bestehen oder Nichtbestehen von Dienstvereinbarungen kann z.B. entstehen bei einer Kündigung durch eine Seite, obwohl die Dienstvereinbarung eine Kündigungsfrist oder Regelung zur Nachwirkung enthält oder aber bei dem Zusammenschluss von Dienststellen, in denen unterschiedliche Dienstvereinbarungen z.B. zur Arbeitszeitregelung bestanden. 7 (Nr. 5) Verstöße gegen das Wahlrecht, die Wahlart oder das Wahlverfahren berechtigen grundsätzlich nur zur Wahlanfechtung nach § 27. Durch Nr. 5 ist klargestellt, dass über § 27 hinaus die Verwaltungsgerichte auch zuständig sind für Beschlussverfahren, die solche Verstöße auch vor Abschluss der Wahl angreifen. Das kann auch durch eine einstweilige Verfügung geschehen. 8 (Nr. 6) Die Nr. 6 hat keinen eigenständigen Regelungsgehalt, da die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte bereits in der spezielleren Vorschrift des § 27 Abs. 3 abschließend geregelt ist. Absatz 2 9 Auf das Verfahren sind die Vorschriften der §§ 80 ff ArbGG über das Beschlussverfahren anzuwenden. 10 Das Beschlussverfahren ist ein sog. objektives Verfahren. Im Gegensatz dazu steht das Urteilsverfahren. Im Urteilsverfahren ist das Gericht an das Vorbringen der beteiligten Parteien gebunden, es darf nicht von sich selbst aus ermitteln. Demgegenüber hat es im Beschlussverfahren den Sachverhalt im Rahmen der gestellten Anträge zu erforschen, § 83 ArbGG. 11 Das Verfahren wird nicht mit einem Urteil abgeschlossen, sondern mit einem Beschluss des Gerichts, § 84 ArbGG. Gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts findet die Beschwerde (anstelle der Berufung im Urteilsverfahren) zum Oberverwaltungsgericht statt, § 87 ArbGG. Gegen einen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts ist eingeschränkt die Rechtsbeschwerde (anstatt der Revision im Urteilsverfahren) möglich, § 92 ArbGG. 12 In den Verfahren treten nicht Kläger und Beklagte auf, sondern Beteiligte. Beteiligte sind zunächst Antragsteller und Antragsgegner als Beteiligte zu 1. und 2. Im Übrigen sind durch das Verwaltungsgericht aber auch all die beizuladen, die von der Entscheidung betroffen sein können. Hier sind unterschiedliche Fallgestaltungen denkbar: Weitere Beteiligte sind z.B.
13 Auch einstweilige Verfügungen sind gem. § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 935ff ZPO zulässig. Einstweilige Verfügungen dienen dem Zweck zu verhindern, dass vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Fakten geschaffen werden, die eine Durchsetzung der Rechte des Antragstellers unmöglich machen. Üblicherweise sind einstweilige Verfügungen darauf gerichtet, dem Antragsgegner ein bestimmtes Verhalten oder Handeln zu untersagen oder aufzugeben. Dabei gilt der Grundsatz, dass der Antrag einer einstweiligen Verfügung nicht so weit gehen kann wie der Antrag im Hauptsacheverfahren. Im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren gilt zumindest nach der Rechtsprechung des OVG Sachsen-Anhalt (OVG LSA vom 26. 5. 99 - A 5 S 3/99 -, PersR 2000, 162) und auch des BVerwG (vom 27.7.90 – 6 PB 12.89 -, PersR 1990, 297) eine Besonderheit. Danach ist in Verfahren um eine einstweilige Verfügung nur ein Antrag auf Feststellung der Verletzung eines Rechts zulässig und nicht auf ein Handeln oder Unterlassen. Dabei geht die Rechtsprechung davon aus, dass die Dienststellenleitung als Teil der öffentlichen Verwaltung gem. Art. 20 Abs. 3 GG an Recht und Gesetz gebunden ist und sich deshalb an eine feststellende Entscheidung der Gerichte hält. Die Praxis widerlegt diese Annahme in vielen Fällen, hat aber bisher nicht zu einer Änderung der Rechtsprechung geführt. Feststellende Beschlüsse der Verwaltungsgerichte sind nicht vollstreckbar. Von daher gibt es kein Durchsetzungsmittel, ein mitbestimmungswidriges Verhalten der Dienststellenleitung tatsächlich zu verhindern. 14 Nach § 89 Abs. 1 iV mit § 11 Abs. 4 ArbGG müssen sich die Parteien vor dem Oberverwaltungs- und Bundesverwaltungsgericht durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind danach neben Rechtsanwälten nur Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände zugelassen. Diesen Kreis erweitert Abs. 2. Die Dienststellen können sich durch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Dienststellen oder juristischer Personen und der von diesen gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Diese Beschäftigten müssen über die Befähigung zum Richteramt verfügen. |